Trendthema Resilienz
Forschungsrelevant oder Hype?
Man kann es nicht verleugnen. Alle paar Jahre gibt es immer wieder Themen, die sich rasend schnell verbreiten und fast schon einen Trend-Status bekommen. So auch mit der Resilienz. Es ist unser psychisches Immunsystem vor Stress und herausfordernde Zeiten, vergleichbar mit einem Baum, der fest verwurzelt dem Sturm standhält. Jeder spricht von ihr, jeder glaubt sie mehr oder weniger zu „haben“. Und auch Unternehmen möchten von resilienten Mitarbeitern profitieren. Doch was steckt dahinter? Ist es lediglich ein Trendthema oder ist es auch ein Wissenschaftsfeld, welches fundierte Erkenntnisse für uns bereithält? Wir schauen es uns unter der kritischen Lupe einfach mal genauer an.
Warum überhaupt das Resilienzthema?
Die Resilienz wird häufig als die mentale Fähigkeit beschrieben, Krisen oder herausfordernde, stressige Zeiten im Leben gut zu meistern und zu überstehen. Klingt sehr lukrativ, wer möchte es nicht haben? Eine Ressource, die uns nach schwierigen Zeiten wieder Kraft geben lässt. Doch warum das Interesse der Resilienz überhaupt so groß geworden ist, liegt vermutlich einer bahnbrechenden Wende der Psychologie zugrunde. Bis in die 70er Jahre hinein wurde die menschliche Psyche stets unter dem Aspekt angeschaut, was den Menschen krank werden lässt. Was verursacht seelisches Leid? Was führt zu Depressionen, Burnout etc.? Um 1979 fand die sogenannte „salutogenetische Wende“ statt, was nichts anderes bedeutet, als dass sich der Blickwinkel veränderte. Anstelle sich anzuschauen, was die Menschen krank macht, wurde nun der Fokus vermehrt daraufgelegt, was Menschen wieder gesund werden ließ. Wie haben sich Menschen nach Schicksalsschlägen wieder erholen können? Wie haben Sie es geschafft, dass Sie neue Hoffnung, Mut oder Willen zurückerobern konnten?
Wegweisend für diese Perspektive auf die menschliche Psyche, war vermutlich Emmy Werner, die 1955 eine Langzeitstudie mit Kindern aus Hawaii durchführte. Die Kinder kamen alle aus „schwierigen Verhältnissen“, was bedeutete, dass Kindern Umständen von Alkohol, Gewalt und Arbeitslosigkeit der Eltern ausgesetzt waren. Emmy Werner schaute bei der Entwicklung der Kinder allerdings nicht auf die 2/3 der Kinder, die sich wie erwartet entwickelten. Sprich, ebenfalls dem Alkohol und der Arbeitslosigkeit verfielen. Nein, sie interessierte sich für diejenigen Erwachsenen, die sich entgegen aller Erwartungen entwickelten. Sie studierten, lebten gesund und waren dauerhaft in einem Arbeitsverhältnis. Die Frage liegt auf der Hand: Wie haben diese damaligen Kinder das schaffen können? Welche Umstände und Faktoren halfen Ihnen, um psychisch so stark zu werden, obwohl sie denkbar schlechte Startbedingungen hatten?
Die Erkenntnisse von Resilienzforschungen sind also eine Bündelung von vielen, vielen Faktoren, die förderlich für die Resilienz sein können.
Was brauche ich dafür?
Fälscherweise wird häufig gedacht, dass es resiliente Menschen gibt, oder es das Ziel ist, irgendwann selbst voll und ganz resilient zu sein. Das geht so leider nicht. Denn wie in anderen Lebenslagen auch, ist die innere Resilienz ein lebenslanger Prozess, der stark situationsspezifisch und dynamisch ist. Es kann also sein, dass wir die eine Krise gut überstehen und eine andere aber wiederum uns sehr stark aus der Bahn wirft. Auch wird häufig utopisch gedacht, dass Menschen, die viele Faktoren der Resilienz verkörpern, keine Krisen im Leben erfahren werden. Herausforderungen, Krisen und Situationen, die alltäglichen Auf und Abs wird es immer geben. Sie gehören zum Leben dazu, egal wie sehr wir auch unsere Resilienz trainieren. Es geht bei der Resilienz-Perspektive eher darum, nach einer als schwierig empfundenen Zeit, möglichst schnell wieder auf die Beine, zum „Normalzustand“ zurückzukehren. Die gute Nachricht dabei ist, wir können unsere innere Resilienz trainieren, um diesen Prozess zu beschleunigen.
Forscher fanden heraus, dass es unter den folgenden Voraussetzungen besonders effektiv ist, seine Resilienz weiter auszubauen.
Eine verlässliche und sichere Bindung
Dabei geht es nicht um ein riesengroßes Umfeld, sondern es reicht mindestens eine Person, mit der ich mich sehr stark verbunden fühle.
Ein förderliches Umfeld
Ein förderliches Umfeld ist eine Umgebung, die von Akzeptanz, Respekt und Unterstützung geprägt ist.
Positive Erfahrungen
Im Sinne unserer Selbstwirksamkeit ist es förderlich möglichst viele Erfahrungen zu sammeln, die von Erfolg gekrönt sind. Das muss nicht jedes Mal die große Gehaltserhöhung o.ä. sein, es reichen auch kleine persönliche Glücks- und Erfolgserlebnisse.
Stabile Persönlichkeitskonstitution
Und zu guter Letzt auch schon die komplexeste Voraussetzung für die Resilienzbildung. Eine stabile Persönlichkeitskonstitution beschreibt unsere emotionale Belastbarkeit. Dieses Forschungsfeld ist riesig und hat noch kein klares Ergebnis hervorgebracht, welcher Faktor dafür ausschlaggeben ist. Intelligenz und die Kontaktfähigkeit zu anderen Menschen sind dabei auf jeden Fall wichtige Voraussetzungen.
Und was nun?
Wenn wir diese Faktoren berücksichtigen und erfüllen, haben wir die besten Voraussetzungen um die eigene Resilienz weiter auszubauen. Wie das geht, kannst Du bald in weiteren Blogartikeln rverfolgen.
Das große Interesse an der Resilienz zeigt den Bedarf von Menschen, in der immer schneller werdenden Gesellschaft zurecht zu kommen und die steigenden Anforderungen zu meistern. Auch Unternehmen verstehen immer mehr, wie wichtig nicht nur die Erweiterung der technischen Skills der Mitarbeiter ist, sondern auch die Stärkung des psychischen Wohlbefindens. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass sich die Unternehmen aus der Verantwortung ziehen können. Häufig erlebe ich die Wunschvorstellung der Führungskräfte und Geschäftsführer, dass durch Resilienztrainings die Mitarbeiter noch mehr Aufgaben in kürzerer Zeit schaffen können, da sie lernen mit dem Stress besser und gestärkt umzugehen. Meiner Meinung nach ist das sehr kurz gedacht, denn es geht vielmehr darum, auch als Unternehmen dafür zu sorgen, dass es den Mitarbeitern (psychisch) gut gehen kann. Resilienz ist kein Faktor um sich aus der Verantwortung zu ziehen, nach dem Motto, wenn mein Mitarbeiter nicht „resilient“ genug ist, können wir auch nichts mehr für ihn tun. Wie wir oben schon gesehen haben, kann Resilienz nur gelingen, wenn das Umfeld mitarbeiterförderlich und unterstützend gestaltet ist.
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